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Was Mark Zuckerberg nicht über mich weiß (Ein Selbstversuch)

Was weiß Facebook wirklich über uns? Was wissen andere IT-Giganten? Und ist der angebliche „Facebook-Skandal“ gut oder schlecht für den Reisevertrieb, der künftig mehr denn je Erfolg damit haben wird, Angebote personalisiert seinen Kunden anzubieten? Die Datenbasis dafür muss raus aus der Grauzone. Ein Versuch der Aufklärung.

Komprimiert
Rein quantitativ weiß Facebook nur ein kleines Bruchstück dessen, was etwa Google über mich gespeichert hat.  Auf 60,7 Megabyte Facebook-Daten kommen gigantische 9,06 GB (oder 9060 Megabyte Google-Daten. Und auch quantitativ gibt es Abstriche. Die für die Touristik so wichtigen Bewegungsdaten fehlen bei Facebook völlig. Oder doch nicht? Kleine Zweifel bleiben. Und das ist das Problem. Denn der Nutzer sollte einfach und verlässlich nachvollziehen können, wie seine Daten verarbeitet werden. Das ist die Basis für effizientes Targeting, im Sinne der Kunden.

Nun ist er da, der so genannte „Facebook-Datenskandal“. Gründer Zuckerberg zeigt sich im US-Kongress offensiv reumütig, Mitbewerber und Technik-Skeptiker reiben sich die Hände. Allgemeiner Konsens: Es muss und es kann nur noch besser werden. Und das in jeder Hinsicht. Denn die allgemeine Panik über die vermeintlichen Datenkraken aus USA verzerrt den Blick auf die  Herausforderungen der digitalen (und damit in Zukunft der gesamten) Wirtschaft:

1. Personalisierte Angebote sind die Zukunft des Vertriebs, nicht nur aber vor allem auch im Reisegeschäft. Wir brauchen Marktplätze und Kundenprofile, die das ermöglichen.

Ja, es wird sie weiter geben, die klassische Pauschalreise aus dem Katalog und den Reiseleiter vor Ort. Aber alle Studien und Prognosen zeigen, dass die Zukunft der Reise mobil ist. Via Smartphone werden nicht nur Anreisen und Hotelzimmer gebucht, umgebucht und storniert. Über mobile Endgeräte wird das Angebot vor Ort gestaltet. Aktivitäten vor Ort sind der Wachstumsmarkt schlechthin. Und gebucht werden diese so genannten In-Destination-Experiences ganz primär über mobile Endgeräte. Airbnb und Booking.com wissen schon heute ziemlich gut, was ihre Kunden auf dem Smartphone wollen. Wieso nicht auch neutrale Plattformen, die offen für alle Anbieter in der Touristik sind?

2. Viele Kunden wollen Personalisierung. Künstliche Intelligenz ist kein Selbstzweck sondern ein Wettbewerbsvorteil.

Alles von der personalisierten Reise-App bis hin zu „Alexa“ und anderen sprachbegabten Digitalen-Helferlein ist darauf ausgelegt, den Usern die Nutzung digitaler Geräte einfacher zu machen. Und das funktioniert nur, wenn die Technik ihre User kennt. Nicht alle, aber immer mehr Kunden akzeptieren, dassihre  Daten gesammelt und ausgewertert werden. Trotz alles Hypes, ebenso wie die Nutzung von Facebook ist das Anlegen von Kundenprofilen von einer wachsenden Zahl von Usern nicht nur akzeptiert sondern geradezu gewünscht.

Zurück zum Problem. Facebook hat einen Fehler gemacht. Und der heißt nicht nur Cambridge Analytica, s er heißt Transparenz. Der angebliche Skandal, der zumindest in Ansätzen seit der Wahl von Donald Trump erkennbar war, führt zu weiterer Verunsicherung beim Verbraucher über Datensicherheit. Und sie hemmt künftige technologische Entwicklungen, die dem Kunden Vorteile bei der Reiseplanung bringen sollen.

Machen wir also die Probe auf´s Exempel. Was weiß Facebook über mich? Die Anwort gibt es unter diesem Link:  httpss://www.facebook.com/help/131112897028467

Wie der Name der URL vermuten lässt: Es ist nicht völlig trivial, den Download-Link in den Facebook-Einstellungen zu finden. Aber wenn man ihn gefunden hat, so überliefert Facebook per zip-Datei bereitwillig angeblich jegliche Daten, die das Unternehmen über einen gespeichert hat.
Das Ergebnis sieht so aus:

60,7 MB Facebook-Daten: Hier gibt es alles, was auf Facebook gepostet und gechattet wurde. Mehr aber auch nicht.

Zumindest in meinem Fall ist die Ausbeute absolut unspektakulär. Natürlich finde ich hier alles, aber auch alles, was ich jemals auf meinem privaten Facebook-Profil  gepostet habe. Es gibt eine Liste meiner Freunde, und es gibt (im Unterordner Security) ein detailliertes Protokoll meiner Log-Ins. Und ich erfahre Neues: Im Ordner „Ads“ gibt es eine Liste jener Facebook-Werbepartner, die meine Kontaktdaten von Facebook erhalten. Unter den knapp 100 Namen sind fünf touristische Anbieter: drei führende Hotelportale, ein ohnehin geschätzter Mittelständler und ein im Aufwind befindliches Fachmedium. Ich muss gestehen, ich hätte mehr erwartet.

Vieles, was technisch möglich wäre, fehlt hier. Facebook hat offenbar keinerlei Bewegungsprofile von mir. Dieses Unternehmen weiß somit nicht, wohin ich reise, was meine bevorzugten Reiserouten, Verkehrsmittel und Aufenthaltsorte sind. So soll es sein, denn in aller Regel poste ich ohne Ortsangabe. Auch im Messenger ist die Lokalisierung ausgeschaltet.Den Rest regelt der Datenschutz. Facebook darf gar keine Ortsdaten von mir haben. Aber hält sich das Unternehmen tatsächlich daran? Natürlich, sagt der Verstand. Fast unglaublich, grummelt der Bauch. Und was sagt der Online-Marketer in mir: Damit disqualifiziert sich Facebook als bevorzugtes Medium für touristisches Marketing.

Keine Frage: Bewegungsdaten sind das Salz in der Suppe für personalisiertes touristisches Online-Marketing. Nur sie geben einen verlässlichen Einblick in das eigene Reiseverhalten. Vor allem aber: Sie ermöglichen maßgeschneiderte Angebote während einer Reise. Telekommunikationsanbieter haben solche Daten. Und die Anbieter mobiler Betriebssysteme und Apps. Niemand darf sie personalisiert weitergeben, ohne dass ein Nutzer damit einverstanden ist. Das schafft vor allem ein Unternehmen: Google. Mit seinem Mapping-Dienst und einer Flut von touristischen Mobile Apps ist Google omni-präsent auf mobilen Endgeräten.

Google: Die mehr als hundertfache Datenflut

Auch Google ermöglicht eine Komplett-Abfrage seiner Daten. Unter google.com/takeout können sie geordert werden. In meinem Fall dauert es mehr als 24 Stunden, bis Google meine Daten aufbereitet hat und in Google Drive bereit stellt. Zwei prall gefüllte Zip-Ordner sind dort nun abgelegt. Entpackt kommen sie auf eine Größe von insgesamt 9,06 GB, ziemlich genau das 150-fache von Facebook.

90,6 GB Daten von Google mit ausgewählten Unterordnern für touristisches Marketing: Ein ausführlicher Standortverlauf und meine Reiseverläufe aus Google Trips.

Fast alle Daten liefert Google als Java Script Object Notification, schwer zu interpretieren für den Verbraucher, perfekt für die automatisierte Datenanalye und damit für digitales Marketing. Das Datenpaket lässt keine Wünsche offen. Detaillierte Standortverlaufe gibt es Dank meiner intensiven Nutzung von Google Maps. Einen vernünftigen Überblick über meine Reisen kommt über die darauf spezialiserte app Google Trips. Dazu gibt es sämtliche Suchanfragen zumindest seit dem Jahr 2013, übrigens nicht nur in der Universal Search, sondern auch in den Kategorien Shopping, Google Plus und Youtube. Ein größerer Teil der Datenflut liegt in gut gefüllten Datenspeichern in den Google-Diensten Mail, Drive und Fotos begründet.

Ich persönlich habe zumindest eine Vorstellung davon, welche dieser Daten Google für sein Marketing nutzt, welche der US-Konzern – in aller Regel anonymisiert – an Kunden weitergibt und welche verschlossen bleiben. Google informiert hierüber auch leidlich transparent. Aber es erfordert aufmerksames Lesen, um es genau zu verstehen. Bei vielen Kunden bleibt Skepsis.

Und genau das ist Problem. Wer verstehen will, was große IT-Konzerne mit seinen Daten macht, benötigt Zeit und in jedem Fall ein digitales Grundverständnis. Beides ist nicht im Überfluss vorhanden. In meinem Fall gilt: Mein kompaktes Facebook-Datenpaket kann notfalls gern an Cambridge Analytica geliefert werden. Bei Google sähe das ganz anders aus. Und nicht auszudenken, wenn in Zukunft die Aufzeichnungen digitaler Sprachassistenten gehackt werden. Das wäre wohl ein Datenskandal ganz anderen Ausmaßes als aktuell der des Herrn Zuckerberg.