Künstliche Intelligenz ist breitflächig angekommen in der Touristik. Sie ist nur noch nicht überall sichtbar. Das wird sich schnell ändern. Inspirierende Suchfunktionen und hyperpersonalisierte Dialoge sind das nächste große Ding. Kollaboration ist eine enorme Chance für alle. Selbst große Techplayer wie Google und OpenAI warten nur darauf. Die Datenqualität bleibt King. Und der Kunde wird es zunehmend im KI-basierten Umfeld. Unsere fein selektieren Tech Trends von der ITB Berlin Convention 2025.
Komprimiert
Seit 2023 ist Künstliche Intelligenz das prägende Thema auf der ITB Berlin. Nach zwei Jahren Theorie und Vision kam nun die große Tech-Revolution. KI wird sichtbar und greifbar. In allen Branchen sind KI-gestützte Applikationen im Einsatz. Die Technik hebt Effizienz, erleichtert Analyse und Vorhersagen. Und bald wird sie auch Kundenbindung und die Suche und das Reisen von Buchungen auf eine neue Stufe stellen.
Travel.Commerce. ist Mit-Organisator der ITB Berlin Convention. Fünf zentrale Trends von drei Tagen ITB, die die Touristik prägen und verändern werden.
1. KI ist bereits überall. Meistens noch unsichtbar, aber…
„KI ist bei Google bereits überall, bei Suche, Streaming, Scrolling“, sagte Julia Stern, Managing Director Google First bei Google Deutschland im AI Track der ITB der ITB Berlin Convention. Und nicht nur dort: die Zahl der konkreten Features auch im Tourismus ist kaum mehr zählbar. Die TUI Group nutzt intern bereits ein Portfolio von aktuell mehr als 1000 KI-Applikationen, um Effizienzen zu steigern und Abläufe zu verbessern.
Richtig sichtbar für den Urlauber wird KI bislang nur in der Mobile-App von TUI in Großbritannien. Aber dabei bleibt es nicht. „Aktuell liegt im B2B-Bereich der größte Hebel, aber B2C-Applikationen sind langfristig das große Ding“, sagte Pieter Jordaan, CIO der TUI Group auf dem Future Track. „Zuerst war es die Technik selbst, aber jetzt wird KI auch das touristische Produkt verändern“, sagte Tech-Insider Alex Bainbridge, der an KI-basierten Lösungen für Tour Guides und autonomes Fahren arbeitet.
Die größten Potenziale im B2C-Bereich: TUI-CIO Pieter Jordaan (links) und Tech-Vorreiter Alex Bainbridge im Future Track. Schauen Sie die gesamte Diskussion im Youtube-Kanal der ITB Berlin.
2. …KI wird greifbar: Inspiration und (Hyper)Personalisierung sind das nächste große Ding.
Die von Jordaan erwähnte „Langfristigkeit“ ist tatsächlich kurz. Der in UK etablierte TUI AI Holiday Assistant ist bereit für weitere Quellmärkte. André Exner, Group IT Director AI Analytics & Innovation von TUI Travel sprach auf dem AI Track von einem „Omni-Modal Interface“, das von der Inspirationsphase bis zur Reise selbst den Kunden personalisiert und auf möglichst allen Kanälen anspricht, vom Desktop-PC bis zum Sprachdialog.
Bei der Lufthansa Group heißt das „Conversional Booking“. Diese sprachgesteuerte Flugbuchung startet jetzt im Beta-Versuch bei Swiss. Wird solche Technik den menschlichen Agenten ersetzen? „KI unterstützt die Menschen. Ihre Arbeit wird dadurch wertvoller“, betonte Googles Deutschland-Chefin Julia Stern.
Keine Vision mehr, sondern im Beta: Conversional Booking bei Lufthansa und das Omni Modal Inferface bei TUI sind im Anmarsch.
3. Der Mensch steht im Zentrum. Wer die Balance hält, gewinnt.
Auf der ITB Berlin Convention war der KI-basierte Tech-Overload bereits spürbar. Die hier genannten Beispiele sind selektiv. Keine Publikation dieser Welt wird alle KI-basierten Tech-Applikationen listen können, die in den kommenden Monaten auf den Markt kommen. „Wir sind in einem Tech-Overload. Und deshalb brauchen wir jetzt Technologien, die sich an den Menschen orientieren“, sagte Eirik Skjaerseth, CEO des norwegischen Start-Ups Bolder auf dem Destination Tech Track, der für einen „digitalen Humanismus“ warb.
Skjaerseth setzt in seinen Projekten auf authentische und persönliche Beziehungen, nutzt die Technik als Katalysator. Während die Branche an Autonomen Agenten und Hyperpersonalisierung arbeitet, sind Open-Source-Technologien und Digitale Identitäten, in denen User den Anbietern souverän und selbstbestimmt Zugriff auf ihre digitalen Profile gewähren (oder eben auch nicht) zentrale Gegenpole, die in der Konzeption von KI-Projekten beachtet werden sollten.
Die Balance halten: Eirik Skjaerseth mahnt zu Digitalem Humanismus.
4. Kollaboration ist essentiell. Und eine riesige Chance für die Kleinen.
KI ist kein Thema exklusiv für Tech-Konzerne und touristische Marktführer. Kollaboration ist essentiell für den Erfolg. Und manchmal ist sie bemerkenswert einfach möglich. Das Singapore Tourism Board etwa hat mit Google exklusive Augmented-Reality-Inhalte entwickelt, die auf Google Maps ausgespielt werden. „Wir haben in Singapur relativ wenig Land und relativ wenig Menpower. Schon deshalb setzen wir auf Technik wie AR“, erklärte Kershing Goh, SVP Europe im Destination Track. Mit ihrem Team hat sie angefangen, über das Google-Tool AICore Sehenswürdigkeiten virtuell abzubilden. Das war beeindruckend genug, um Google für einen Beta-Test und einer Integration in Maps zu überzeugen.
Auch Barry Rogers, Leiter der Dublin City Tourism Unit, hat einfach einmal losgelegt. 7500 EUR kostete seine erste KI-Applikation. Genug, um KI-Platzhirsch OpenAI zu einer exklusiven Partnerschaft zu überzeugen. Es hat gewiss geholfen, dass OpenAI seine Europa-Zentrale in Dublin hat und die Stadt im vergangenen Jahr als Hauptstadt für Smart Tourism der EU ausgezeichnet wurde. Was die Partnerschaft bis heute trägt, ist jedoch Dillers klares Bekenntnis, seine städtische Institution weiter auf technischem Innovationskurs zu halten.
Übernimmt die AI das Destination Marketing? Prof. Dr. Wolfram Höpken hat Zweifel. Kershing Goh (Singapore) und Barry Rogers (Dublin) setzen auf Kollaboration und Eigeninitiative.
5. KI ist nicht alles. Data remains King.
„Künstliche Intelligenz hat keinen Willen. Sie wird das Destinations Marketing nicht übernehmen. Die Gefahr ist eher die unkontrollierbare Komplexität“, sagte Tech-Researcher Prof. Dr. Wolfram Höpken auf dem Destination Track. Um die Qualität von Large Language Models zu erhöhen, sei die Verfügbarkeit von Daten ein zentraler Erfolgsfaktor. Knowledge Graphen, wie das Open-Data-Projekt der DZT oder Singapore Tourism Hub oder Data Spaces zum Datenaustausch seien wichtige Erfolgsfaktoren zum Gelingen von KI.
Und tatsächlich wachsen diese Data Spaces auch jenseits der Touristik in der Breite. Andreas Huber, Geschäftsführer der Datenfirmen Nexyo und Emprium, liefert solche Technologien an die Österreich-Werbung und nach Tirol und berät auch die Bundesregierung in diesem Thema. Die Erfolgsformel für akkurate Antworten lautet: Datenbanken verbinden, die Daten harmonisieren, sie mit KI-System zu analysieren und sie nutzerfreundlich auszuspielen. „Die Herausforderung besteht jedoch darin, dass all das gleichzeitig passieren muss“, betonte Huber, im Destination Tech Track. Und wenn nicht? Dann steht die Branche vor einem alt-bekannten Problem aus der Zeit vor KI: „Shit in. Shit out.“
Neue Verbindungen in andere Branchen und in die KI: Andreas Huber kämpft mit Data Spaces gegen „Shit in. Shit out.“.
Es gibt viel zu tun. Weiterhin gilt: Data is King. Es kommt aber ein weitere König hinzu: Der Mensch, der die nahende Hyperpersonaliserung zulassen und steuern wird. Beide Ebenen benötigen viel Zuwendung. Es gilt, die Balance zu halten.
Alle Informationen zur ITB 2025
Travel.Commerce. hat auf der ITB Berlin Convention den AI Track und den Destination Track präsentiert und durfte gemeinsam mit dem Board of Expert der ITB Berlin Convention Teile des Future Tracks, des Destination Tracks und des Corporate Culture Clash Track kuratieren und moderieren. Wir danken allen Partnern und Gästen für die spannenden Diskussion vor und hinter den Kulissen.
Leider können wir hier nur einige selektiv ausgesuchte Highlights im umfassenden Programm der ITB Berlin Convention zeigen und einordnen. Alle Videos von allen vier Bühnen dieser Veranstaltung gibt es bereits jetzt im Youtube-Kanal der ITB Berlin.