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KI im Tourismus: Die Magie entsteht jenseits von Europa

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Schon bald sehen wir in der Touristik KI-Applikationen, die in ihrer Funktionalität weit über die bislang bejubelten Chatbots hinaus gehen: Autonome Agenten übernehmen die Reiseplanung. Hyperpersonalisierung perfektioniert die Customer Journey. Außerhalb von EU-Europa ist das schon Realität. Wie wir mit dieser zentralen Herausforderung gut umgehen.

Komprimiert
Autonome Agenten perfektionieren nicht nur die Reiseplanung, sie passen sich als digitale Mitarbeiter auch bestens in die Unternehmensstruktur ein. Hyperpersonalisierung bringt nicht nur die Reiseberatung auf ein neues Niveau, sondern gleich die gesamte Customer Journey. Es entstehen neue Partnerschaften zwischen Tech-Giganten und der Touristik. All das passiert bereits. In anderen Teilen der Welt.

Um die Radikalität des aktuell laufenden KI-Wandels zu verstehen, kurz drei aktuelle und sehr lesenswerte Schlagzeilen, die in der Medienlandschaft etwas zu kurz gekommen sind.

1. Visit Scotland ersetzt sämtliche Tourist Informationen durch KI und Social Media

Statt in seine aktuell noch 25 Tourist Informationen investiert Schottlands Tourist-Marketing künftig in Social-Media, Targeting und in KI-Applikationen. Größere Proteste sind mir nicht bekannt. Stattdessen gibt es viel Lob für die dynamisch wachsende KI-Strategie. (Visitscotland.org)

2. In Fernost arbeiten KI-Agenten und echte Mitarbeiter zunehmend gut zusammen.

Die Maschine übernimmt möglichst viel Arbeit, der Mensch die Verantwortung. Mit diesem einfachen Prinzip klappt die Arbeitsteilung in Fernost ziemlich gut, von Marktführern wie Trip.com bis hin zu dynamischen Start-Ups wie Atlas aus Singapur, die ihre selbst skalierten KI-Agenten mit Namen versehen und ziemlich perfekt in ihre Unternehmensstuktur eingebettet hat (Webintravel).

Dabei greift Atlas sowohl auf westliche KI-Systeme etwa von ChatGPT und Google zurück als auch auf chinesische Technologie. Dazu kommen wir später.

3. KI-Giganten kooperieren mit ausgesuchten Destinationen

KI-Treiber wie Google und OpenAI (ChatGPT) haben die Potentiale der Tourismuswirtschaft erkannt und streben Pilotanwendungen in der Touristik an. Das Singapore Tourist Board, das jüngst umgerechnet 700 Mio EUR für die Entwicklung von KI-Technologien freigegeben hat, hat eine exklusive Technologie-Partnerschaft mit Google zur Entwicklung von neuartigen Augmented-Reality-Applikationen abgeschlossen. (Singapore Business Review)

Einzigartig ist auch die Kooperation von OpenAI mit dem Dublin City Council. Ziel ist einerseits die Entwicklung eines KI-basierten Reiseplaners sowie ein (leider schon abgeschlossenes) Schulungs-Event für Touristiker aus ganz Europa. (IDA Ireland)

Dublin und OpenAI sind einzigartig, weil es in Europa stattfindet

Der aus Dubin zu erwartende Trip-Planner „A Day in Dublin“ ist dabei nicht die Sensation. Es ist die Tatsache, dass mit eben dieser Ausnahme viele touristische KI-Trends derzeit eben nicht in Europa entstehen. Und häufig sind sie auch nicht wahrnehmbar. Wichtige Zukunftstechnologien wie die Meta-KI Llama oder Apple Intelligence kommen nicht oder nur verzögert nach Europa. Andere sind schlichtweg nicht bekannt in der europäischen Szene, wie etwa die chinesische Tencent AI

Auch wir haben bislang keinen Zugriff auf diese Technik. Aber ist es nicht bemerkenswert, dass der chinesische KI-Konzern bereits eine Milliarde Charaktere („Personas“) für unterschiedliche Aufgaben enwickelt haben? Das ist die Vorstufe zm nächsten großen Ding, der autonome Agent. Der Launch der ersten KI-Agenten wird gerade mit Spannung erwartet.

Es gibt gute Gründe, dass die Enwicklung in anderen Teilen der Welt dynymischer ist. Die KI-Giganten reiben sich an dem Regelwerk der Europäischen Union. Übrigens deutlich weniger am jüngst verabschiedeten KI-Act. Mehr schon geht es um den Digital Marketing Act, der die etablierten Gatekeeper Google, Meta und Facebook gezielt in ihre Schranken verweist. Viel gravierender aber ist ein ganz anderes Regelwerk:

Der Datenschutz ist die größte Bremse für KI-Innovationen

Das größte Hemmnis für die Etablierung von KI ist die General Data Protection Regulation. Ausgerechnet der leidvoll etablierte Datenschutz bremst zwei elementare KI-Innovationen brutalst möglich aus.

  • Autonome Agenten

Google und Open AI stehen kurz vor der Serienreife dieser Technologie. KI-Agenten übernehmen das Mandat ihrer Nutzer, erledigen nachhaltig und systematisch auch komplexe Ziele ihrer realen Gegenparts. Es wird nicht lange dauern, bis die meisten von uns einen solchen KI-Helfer wünschen.

Was aber, wenn KI-Bots untereinander nicht kommunizieren dürfen? Oder erst nach ausdrücklicher Zustimmung ihrer leibhaftigen Besitzer? Mögicherweise erst nach einer Zwei-Faktor-Authentifizierung, die minütlich und immer wieder erforderlich sein könnte. Es gibt durchaus Technologien, die darauf eine Antwort liefern (SSID, Blockchain und natürlich der Kosmos der Google-eigenen Technologien). Bis Anbieter-unahängige Technologien aber in EU-weite Gesetze und in die IT-Infrastrukturen der Wirtschaft eingeflochten sind, wird es dauern.

  • Hyperpersonalisierung

Das Trendwort der ITB 2024 wird längst zur Realität, zum Beispiel in smarten KI-Apps wie Romie von Expedia. Wenig überraschend ist Romie in EU-Europa nicht verfügbar, wie viele hoch innovative Travel-Applikationen. Es geht darum, Reisenden ein wahrlich personalisiertes Reiseangebot zu machen.

Bei der Listung von Reiseeangeboten klappt das in der KI zunehmend gut. Aber woher kommend die persönlichen Referenzen? Es geht darum, Kundenprofile, persönliche Mailboxen und Bewegungsdaten zu sammeln und die entsprechenden Datenbanken zu verknüpfen. Auch hier bremst der Datenschutz brutalst möglich.

Und nun? Fangen wir bitte an…

Ich habe mich zurückgehalten im öffentlichen Jubel um erste Custom GPT und KI-Schulungen in Deutschland. Es ist löblich, dass es passiert. Ab er es sollte auch selbstverständlich sein. Machen wir uns bitte alle vertraut mit KI. 

Tech-Guru Sascha Lobo hat auf dem Deutschen Tourismustag (Foto) ein Plädoyer für einen KI-Push gehalten und das Wort des „Voranscheiterns“ geprägt. Die Kultur des Ausprobierens und des Lernens von KI ist jetzt genau richtig und unverzichtbar. Und sie wird zumindest im Deutschland-Tourismus in dieser Woche zum geflügelten Wort.

Techguru Sascha Lobo auf dem Deutschen Tourismus-Tag: „Wir brauchen eine Kultur des Voranscheiterns“.

Ein Vorschlag zur Optimierung, lieber Sascha Lobo: Lassen wir uns bei allem Voranscheitern aus auch inspirieren von dem, was in anderen Teilen der KI-Welt bereits möglich ist. Scheitern wir nicht an den falschen Stellen. Noch ist dieser Vorsprung nicht uneinholbar für uns in Europa. Also bleiben wir am Ball. 

PS: Travel.Commerce. beteiligt sich auch in diesem Jahr an der Gestaltung der ITB Berlin Travel Convention. Wir bemühen uns, zumindest einen Teil der hier genannten Innovationen auf die Bühne zu bekommen. Ich freue mich, wenn wir uns persönlich sehen vom 4. bis. 6. März in Berlin. Tickets gibt es bei der Messe Berlin aktuell zum Frühbuchertarif.