Das teilweise Verbot von Booking.com in der Türkei ist weder ein Affront der Türkei an die globale Tourismuswirtschaft, noch die mutmaßliche Rache von Staatschef Erdogan an einem niederländischen Unternehmen. Die Einschränkungen sind vorerst gering. Was wir bislang wissen und wissen sollten.
Komprimiert
Mit einer einstweiligen Verfügung verbietet das Istanbuler Handelsgericht Booking.com offenbar den Vertrieb von türkischen Hotels innerhalb der Türkei. Mehr nicht. Die Auswirkungen auf das ohnehin kränkelnde Incoming-Geschäft der Türkei sind gering. Erstens dominieren Reiseveranstalter den Markt und zweitens bleibt Booking.com hier aktiv. Mit seinem Kampf gegen den Internet-Giganten setzt der türkische Reisebüro-Verband Türsab dennoch ein falsches Zeichen.
Das klang spektakulär heute morgen. Mit Schlagzeilen wie „Türkei verbietet Booking.com“ macht das Land wieder einmal Negativ-Schlagzeilen. Booking.com ist nicht nur das führende Hotelportal in Europa, es hat auch noch seinen Stammsitz in Amsterdam, jenem Land in Europa, in dem wahlkämpfende Erdogan-Vertraute am klarsten unwillkommen sind. Befürchtungen, Staatspräsident Erdogan persönlich hat bei der einweiligen Verfügung eines Istanbuler Handelsgerichts die Fäden gezogen, lassen sich da kaum stoppen. Doch dem ist offenbar nicht so.
Bereits im Jahr 2015 hat der türkische Reisebüro-Verband Türsab Klage gegen Booking.com eingereicht. Offenbar geht es wie in vielen Ländern um die von Booking.com geforderte Ratenparität. Wie vom klagenden Verband ausgeführt, attestierten die Richter Booking.com gestern ein wettbewerbswidriges Verhalten. Auch in Deutschland und anderen Ländern musste Booking.com aufgrund höchstrichterliche Urteile seine AGB ändern.
Die türkischen Richter gingen nun einen Schritt weiter. Bis auf weiteres bietet Booking.com zumindest in der Türkei keine türkischen Hotels mehr an. Weitere Einschränkungen gibt es voerst nicht. Das ist ein kurzfristiger Sieg für die stationären Reisebüros der Türsab, die offenbar auch am Bosporus den Kampf Offline vs. Offline mit harten Bandagen. Mehr aber auch nicht.
Global betrachtet bleibt das türkische Hotelangebot von Booking.com vorerst buchbar. Booking.com hat heute rechtliche Schritte angekündigt und geht in Berufung. Und der türkische Reisebüro-Verband betont, dass dieser Rechtsstreit nicht auf den Rücken der Urlauber ausgetragen werden soll.
Ein Trost für die ohnehin geplagte türkische Tourismus-Wirtschaft: Der Marktanteil von Booking.com ist in türkischen Urlaubsgebieten relativ klein. Anders als das westliche Mittelmeer sind türkische Zielgebiete wegen ihrer relativ langen Flugzeiten nicht oder kaum über Low Cost Carrier angebunden. Es gibt entsprechend wenig Individualreisende, die für Booking.com relevant sind. Die Pauschalreise dominiert stärker als in vielen anderen Zielgebieten.
Dass die Nachfrage nach Türkei-Urlaub angesichts der verheerenden politischen Signale aus Ankara ohnehin auf niedrigem Niveau bleibt, ist eine anderes Thema. Mit dem gestrigen Gerichtsurteil aus Istanbul hat das offenbar wenig zu tun.