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Verbraucherzentralen: Urteile gegen die Preistransparenz

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Jetzt hat es auch Expedia auch erwischt: Der Weltmarktführer unter den Online-Reisebüros darf künftig keine Flugtickets mehr anbieten, wenn Airlines kein kostenfreies gängiges Zahlungsmittel vorhalten. Das wäre ziemlich absurd. Die Nachhaltigkeit, mit dem der Verbraucherschutz bei diesem Thema ausgerechnet gegen Mittler vorgehen, ist es ebenso.

Komprimiert

Das Urteil des Landgerichts Berlin, Expedia müsse zwingend ein gängiges kostenfreies Zahlungsmittel für Flugtickets vorhalten, muss dringend revidiert werden, denn wichtige Argumente wurden offenbar entweder nicht vorgetragen oder falsch eingeordnet: In vielen Fällen legen nicht die Mittler die Zahlungsentgelte fest, sondern die Airlines selbst. Wer deshalb gegen Reisebüros vorgeht, schwächt die Preistransparenz des neutralen Vertriebs und leistet einen Bärendienst am Verbraucher.

Zumindest eines muss man dem Verbraucherzentralen-Bundesverband vzbv lassen: Die Beharrlichkeit, mit der die Organisation gegen Online-Reisebüros vorgeht, ist beeindruckend. Seit vielen Jahren kämpfen der Dachverband der Verbraucherzentralen gemeinsam mit seinen Länderorganisationen für eine strikte Reglementierung des Online-Reisevertriebs gerade im Flugbereich. Das klingt ehrenwert, ist es aber leider nicht.

Der massiven Streitlust der Verbraucherschützer fehlt zumindest in einigen Fällen der Bezug zur Komplexität des Reisevertriebs. Das jüngste Urteil des Landgerichts Berlin gegen Expedia ist bezeichnend. Wenn es dabei bleibt, muss Expedia in absehbarer Zeit ausgerechnet einen Teil seiner günstigen Flugtickets aus dem Sortiment nehmen. Denn anders als von den Verbraucherschützern angenommen, liegt es im Normalfall nicht in der Hand eines Mittlers, Zahlungsmittel und die entsprechenden Entgelte frei festzulegen. Dies erfolgt in aller Regel durch die Airline selbst.

Der vzbv hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Klagen gegen Online-Reisebüros angestrebt und zum Teil auch gewonnen. Zuletzt traf es Opodo, in den Vorjahren schwerpunktmäßig die Portale meines Ex-Arbeitsgebers Unister Travel. Anders als in diesem Fall bei Expedia hat Unister relativ ausführlich seinen Standpunkt auch öffentlich verteidigt und den Medien zur Verfügung gestellt. Ein paar Fragmente davon sind immer noch im Netz ersichtlich oder können bei Bedarf beim Autor angefordert werden.

Zumindest einen Teilerfolg konnte Unister seinen Marktbegleitern kurz vor der Insolvenz mit auf dem Weg geben. Reisebüros haften nicht dafür, wenn Airlines zu hohe Zahlungsentgelte aufrufen, urteilte das OLG Dresden in zweiter Instanz im April 2016 (Az. 14 U 1150/15). Dieses Urteil sollte Bestand haben.

Zumindest die Juristen des vzvb sollten spätestens aus diesem Verfahren die guten Gründe kennen, weshalb Reisebüros schlichtweg nicht die Möglichkeit haben, die Zahlungskonditionen der Airlines zu beeinflussen. Und sie sollten auch wissen, dass ihr bemerkenswertes Engagement im Erfolgsfall vor allem eines bewirkt: Sie würde die Angebotsvielfalt und damit die Preistransparenz auf neutralen Reise-Marktplätzen merklich beschneiden. Kann das im Sinne des Verbrauchers sein?

Ich kann nicht beurteilen, weshalb die Klagewelle der Verbraucherschützer in dieser Sache weitergeht. Dass sie es tut, stimmt mich nachdenklich. Den Juristen von Expedia wünsche ich für Ihre Berufungsklage alles erdenklich Gute. Denn das wünschenswerte Berufungsurteil ist nicht nur für Expedia wichtig.